Luca Schenardi, 2012
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Dichtestress ist nicht das eigentliche Schweizer Problem. Das ist bloss eine Idee, die erfunden wurde, um der Engstirnigkeit einen mondänen Anstrich zu geben. Um zu vertuschen: Dass das eigentliche Schweizer Problem in der Unfähigkeit liegt, mit Unordnung umzugehen. Was in anderen Ecken der Erde selbstverständlich ist, wird in der Schweiz zu Dreck, zu Lärm, zu Dichte, zu Stress.
Im Zentrum von Luca Schenardis Künstlerbuch „An Vogelhäusern mangelt es jedoch nicht“ steht diese Schweizer Unfähigkeit. Unschweizerisch direkt, verzweifelt prangert er die Schizophrenie an: Dass wir durch übereifrige Ordnung und intensivierte Landwirtschaft den Lebensraum der schönsten Vögel zerstören und gleichzeitig Tonfigürchen von Spatzen in unseren Gärten aufstellen. Dass jedes Stücklein Boden in diesem engen Land gestaltet wird, durch weisse Kiesflächen und pedantischen Buchsbäumchen. Dass die ungeordnete Natur eine abgründige Gefahr darstellt, die harmoniesüchtig lächelnd ausgemerzt wird.
Leidtragende sind wir alle, bloss dass wir das noch lange nicht verstanden haben werden. Darum lasst uns zunächst die Vögel anschauen. Diese gefiederten Symbole von Freiheit, die sich unabhängig bewegen und doch wissenschaftlich nachweislich immer häufiger vor unseren Landesgrenzen Halt machen. Sie finden in unserem durchorganisierten Siedlungsgebiet keinen Lebensraum mehr. Aber mit Einwanderung hatte das Schweizer Herz in letzter Zeit ja eh so seine Mühe. Wir könnten stattdessen ja einfach ein paar Vogelhäuschen bauen.
Oder noch besser: mit Luca Schenardi über uns selbst zu lachen beginnen.
Edition Patrick Frey, 68.- CHF